Über uns

Alle(s) für das eine:
Kultur in Torgau.

Historie

17. bis 18. Jahrhundert

Erst der Schießplatz, dann das Schießhaus

Hätten Sie’s gewusst? Die Anfänge des Kulturhaus’ Torgau reichen bis ins Jahr 1639 zurück! Damals erhielten die Armbrust- und Büchsenschützen zu Torgau ein Grundstück auf dem Gelände des so genannten Freitagslandes, um dort einen Schießplatz und Schießhaus zu errichten. Solche Schützengilden entstanden damals in zahlreichen Städten. Sie übernahmen Schutzfunktionen und waren geselligen Charakters. Alsbald war der Torgauer Schießplatz fertig gestellt - das war in etwa dort, wo sich heute der Garten des Kulturhauses befindet. Anno 1639 war das natürlich noch außerhalb der Stadt, die damals ja noch viel kleiner war, und der Schießplatz konnte über das Bäckertor erreicht werden. Auf ihr Schießhaus mussten die Schützen allerdings noch warten. Es konnte erst nach 1700 realisiert werden.

19. Jahrhundert

Vom Schießhaus zum Schützenhaus

Ein Teil des Schießplatzes und das ursprüngliche Schießhaus mussten 1811 dem Bau der Festungsanlagen weichen. Das Schießhaus wurde neu errichtet (übrigens dort, wo es heute noch steht) und hieß fortan: Schützenhaus. Es war jedoch wesentlich kleiner als unser heutiges Kulturhaus. Im Erdgeschoss lagen Schankstube und Küche, im 1. Stock befand sich ein Saal und darüber die Dachstube. Und ein geselliger Treffpunkt war es schon damals. Im Garten gab es eine Kegelanlage mit zwei Bahnen samt Kegelhäuschen. Kegeln war übrigens ein weit verbreitetes Volksvergnügen, das mit Wetten und viel Tamtam einherging. 1823 wurde das Schützenhaus verpachtet und 1848 schließlich verkauft. Der Käufer war der Torgauer Senator und Weißbäckermeister G. A. Wittee, der Haus und Garten für 5.050 Taler erwarb. Noch im selben Jahr erweiterte er Schankstube und Saal. Damit zeichnete sich schon deutlich die Nutzung ab, die das Haus bis heute beibehalten sollte: ein Haus für Veranstaltungen. Und bald begannen auch Vereine, das Schützenhaus zu nutzen. 1871 schließlich kaufte die Familie Hanisch das Haus und erweiterte es um die linke Vorderfront. Im Garten entstanden ein Eiskeller und bald darauf ein Geräteschuppen der Turner, die im Saal trainierten.

Ab 1902

Schützenhaus vs. Pfarrhaus - wegen Ruhestörungen

Postkarte mit Motiven des Schützenhaus Torgau vom alten und neuen großen Saal sowie dem Biergarten
Postkarte mit Motiven des Schützenhaus Torgau

1902 übernahm Ernst Bierwerth das Schützenhaus am so genannten Paradeplatz, Ecke Feldstraße. Längst war Torgau eine Garnisonsstadt und im Schützenhaus fanden Bälle, Konzerte und Theatervorführungen statt. Ernst Bierwerth hatte zudem große Pläne: Er baute das Haus weiter aus, um dem gestiegenen Bedarf an Unterhaltung nachzukommen. Und so entstand damals der Große Saal nebst Empore. Am 5. Oktober 1904 fand seine feierliche Eröffnung statt. Es konzertierte die Kapelle des hiesigen 72. Regiments bis 23 Uhr, danach spielte ein Pianist. Offenbar spielte er populäre Lieder, denn die Gäste sangen lauthals mit, bis in die frühen Morgenstunden. So ist es jedenfalls im Protokoll des Königlichen Schöffengerichts in Torgau verzeichnet, denn die Festivität hatte ein Nachspiel: In der Feldstraße, genau dem Festsaale gegenüber, stand das Katholische Pfarrhaus, und Pfarrer Schrage erstattete Anzeige wegen Ruhestörung.

Ausführlich beschrieb es dem Gericht, dass weder er noch die fünf Ordensschwestern, die die Schule und das Waisenhaus betreuten, schlafen konnten und dass auch die 40 Zöglinge keinen Schlaf gefunden hätten, da die Fenster sämtlicher Schlafräume zur Feldstraße hin lagen. Und als vierzehn Tage später die neue Kegelbahn im Keller des Schützenhauses eröffnet wurde, erfolgte die nächste Anzeige wegen des die Nachtruhe störenden Lärms infolge des Rollens der Kugeln, obwohl Ernst Bierwerth Laufrinne und Kugelkasten doch eigens mit Filz gedämmt hatte. Es entbrannte ein erbitterter Kleinkrieg zwischen den Bewohnern des Pfarrhauses und einem Teil der Bürgerschaft. Denn kein anderer Nachbar fühlte sich durch Veranstaltungen und die Kegelbahn gestört.

1905 schließlich erteilte das Gericht die Auflage, dass Konzerte nur noch unter Verwendung von Streichinstrumenten gestattet und Trommeln, Trompeten, Posaunen und Becken ausdrücklich verboten seien. Das Kegeln nach 21 Uhr wurde ebenfalls untersagt. Und das brachte nicht nur die Kegler in Rage: Ernst Bierwerth legte Berufung ein, und zahlreiche Torgauer stärkten ihm den Rücken. Er berief sich auf Bestandschutz; die Gastwirtschaft bestehe länger als das Pfarrhaus, das erst 1854 erbaut worden war. Seit undenklicher Zeit, so hieß es, habe im Saale des Schützenhauses Musik aller Art stattgefunden und immer schon habe es eine Kegelbahn gegeben. Eine stattliche Anzahl honoriger Zeugen sagte für Bierwerth aus. Manche von ihnen kegelten schon seit 25 Jahren im Schützenhaus. Das Gericht hatte ein Einsehen und befand, die Aussagen des Pfarrers ließen deutlich eine gewisse Subjektivität erkennen. Doch der Rechtsstreit ging weiter, bis er 1906 unerwartet endete: Die Kirche brannte ab. Und bald war auch im Schützenhaus keine Musik mehr zu hören. Denn der 1. Weltkrieg stand vor der Tür, wütete durch Europa und verwandelte den Ort der Geselligkeit in ein Lazarett.

Nach 1918 und nach 1945

Viele Funktionen, viele Namen

1918, nach dem 1. Weltkrieg, wurde der Veranstaltungsbetrieb im Schützenhaus wieder aufgenommen. Das Haus wechselte in jenen Jahren mehrmals den Besitzer. 1924 wurde im 1. Stock vorübergehend sogar ein Kino eingerichtet. Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Schützenhaus in Volkshaus umbenannt, und 1952 entstand hier ein HO-Kreisbetrieb. Nach einer umfassenden Renovierung eröffnete die staatliche Handelsorganisation das Haus unter dem Namen „Haus der Werktätigen“. Es fanden Betriebsfeiern, Tagungen, Theateraufführungen und Tanzabende statt. 1959 wurde das Haus erneut renoviert und eröffnete als Jugendklubhaus der FDJ. Es entstanden Räume für Arbeitsgemeinschaften, ein Fernsehraum, ein Fotolabor und ein Raum für Filmvorführungen. Die Bühne im Großen Saal erhielt einen Ausgang zur Straße. Das Kreiskulturhaus befand sich damals in der späteren Kindertagesstätte „Sputnik“ in der Puschkinstraße. 1965 zog es in das Jugendklubhaus am Rosa-Luxemburg-Platz um und hieß dann „Kreiskulturhaus - Jugendklub Torgau“. Doch die Torgauer nannten es nur liebevoll „Kreisi“. Und daran hat sich bis heute nichts geändert.

1989 bis heute

Angekommen im Hier und Jetzt

Nach der Wende wechselte die Trägerschaft des Kulturhauses vom Landratsamt zur Stadt - ein Erbe, das die Stadtkasse schwer belastete. Jahrelang wurde um eine akzeptable Lösung gerungen, bis schließlich die Kulturhaus-Immobilien-Verwaltungsgesellschaft mbH das Haus übernahm und der Verein Torgau-Kultur e.V. als Betreiber gegründet wurde. Heute steht das Haus für Kultur in ihrer schönsten Bandbreite und bietet an einem Ort alles, was das Herz der Kulturliebhaber höher schlagen lässt: Konzerte, Comedy, Rock & Pop, Travestie, Lesungen, Vorträge, Puppentheater, Disco, Irish Folk und vieles mehr.

Facts & Figures

Betreiber (seit 2000):
Torgau-Kultur e.V.
Status:
Gemeinnütziger Verein
Vereinsvorsitz:
Die amtierende Oberbürgermeisterin Romina Barth
Mitarbeiter(innen):
4 Angestellte und Praktikanten
Spielstätten im Haus:
Großer Saal, Kleiner Saal, Oberes Foyer, Unteres Foyer, Gaststätte
Gebäudestatus:
Unter Denkmalschutz
Eigentümer des Hauses:
Kulturhaus-Immobilien- und Verwaltungsgesellschaft mbH